Jetzt war es doch in letzter Zeit ein bisschen still in meinem Blog, aber ich gelobe ab jetzt Besserung! 🙂

Passend dazu wollte ich meinen Blogeintrag heute dem Thema Stille widmen. Viele denken ja vielleicht, dass es auf einer Palliativstation immer „totenstill“ ist, das täuscht allerdings gewaltig. Hier ist viel Leben und Trubel und manchmal natürlich auch zu viel davon… Es gibt diese Momente, da benötigt man einen geschützten Rahmen oder Raum. Zum Beispiel, wenn ein Gespräch mit der Psychoonkologin benötigt wird und man im Doppelzimmer liegt oder die Unterstützung und Entlastung durch die Seelsorge sucht. Ganz besonders benötigt man diesen Ort aber, wenn man seinen Angehörigen beim Sterben begleitet.

Das Sterben a la Hollywood hat ja sehr wenig mit der Realität zu tun. In Hollywood spricht der Sterbende noch einige wichtige Worte für die Nachwelt, legt graziös den Kopf zur Seite und ist tot. Die andere Variante ist das Sterben a la Western: Schuss – theatralischer Schrei – Sturz wie ein gefällter Baum – Tod. Gefühlte Dauer des Sterbens Sekunden bis Minuten. Das sind oft die einzigen Bilder, die man als Laie zum Thema Sterben abgespeichert hat. Das Erstaunen ist oft groß, wenn dann hier das reale Sterben erlebt wird. Dies kann sich über viele Tage ziehen und als Begleiter sind nur Nuancen von Veränderungen erkennbar. Wenn man nun tagelang neben einem sterbenden Angehörigen verharren muss, kann dies unglaublich belastend sein. Nicht wenigen Angehörigen geht hier die Puste aus.  Hier braucht es unheimlich viel Unterstützung durch die Mitarbeiter der Station, viele Erklärungen, viel Zuhören und Zuwendung. Der Kontakt mit dem Angehörigen ist ja oft schon nicht mehr gegeben, der Sterbende zieht sich schon langsam aus dieser Realität zurück und wendet sich, für die Angehörigen oft sehr schmerzhaft, schon von seiner Umwelt ab. Es findet kein Austausch mehr statt, keine Kommunikation, nur dieses quälende Warten auf diesen einen Moment, in dem man vom Arzt die Worte hört: „Ihr Angehöriger ist jetzt verstorben.“

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Ganz besonders wichtig sind Auszeiten der Anwesenheit im Zimmer des Sterbenden. Gar nicht so einfach manchmal, den Angehörigen zu überreden, das Zimmer zu verlassen. Der Mensch könnte ja genau diesen einen Moment wählen um zu sterben. Tatsächlich passiert dies sehr häufig und das ist dann ganz bitter für die Angehörigen. „Jetzt habe ich Tage hier ausgeharrt und er wählt genau den Moment in dem ich kurz abwesend bin!“. Oft eine Kränkung und Vertrauensbruch.

Ich denke, dass dieser Moment etwas sehr Intimes besitzt und viele Menschen diesen letzten Schritt alleine gehen wollen. Vielleicht ist es auch nur einfacher, wenn man keinen Angehörigen im Zimmer hat, dessen  Wunsch eigentlich nur ist, dass man ihn nicht alleine lässt. Wenn ein Sterbeprozess sehr lange dauert, nutzen wir dies und schicken die Angehörigen ganz bewusst aus dem Zimmer, um dem Sterbenden eine Chance zum Gehen zu geben.

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Für die Auszeit einer Sterbebegleitung oder generell der Begleitung eines Patienten auf unserer Station, haben wir hier nach langem Kampf den Raum der Stille geschaffen. Dieser Rückzugsraum ist eine Bereicherung für uns alle. Die Ausstattung haben wir über Spenden durch unseren Förderverein ermöglicht. Vielen Dank hiermit an alle Spender. Der Raum der Stille ist wirklich unverzichtbar für unsere Arbeit!

Master of Desaster

 

Es lohnt sich, geduldig zu beobachten, was in der Seele im Stillen geschieht, und es geschieht das Meiste und Beste, wenn es nicht von außen und oben hineinreglementiert wird. Ich gestehe es gerne: Ich habe eine solche Hochachtung vor dem, was in der menschlichen Seele geschieht, daß ich mich scheuen würde, das stille Walten der Natur durch täppische Zugriffe zu stören und zu entstellen.

C.G. Jung