Weiter geht es mit der Vorstellung der Berufsgruppen. Der heutige Blogbeitrag gilt den Pflegekräften auf unserer Station. Stellvertretend für alle Mitarbeiter des Pflegeteams hat Jan Schwemmer einige Gedanken zusammengefasst:

Hallo,

mein Name ist Jan Schwemmer und ich arbeite als Krankenpfleger auf der Palliativstation des Universitätsklinikum Frankfurt am Main. Ich werde in diesem Beitrag kurz auf die Fragen eingehen, was es bedeutet, als Pflegekraft auf einer Palliativstation zu arbeiten und wo der Unterschied zur Arbeit auf einer ‘Normalstation‘ liegt.

Wenn ich jemanden erzähle wo ich arbeite, bekomme ich in aller Regel als Antwort ein leicht entsetztes: ,,Das ist aber auch schwere Arbeit‘‘ zurück. Und ja, auch wenn es uns, geschützt durch Arbeitskleidung, Routine und strukturierte Verfahrensanweisungen nicht immer präsent erscheint, ist und bleibt es eben nicht immer leicht, begleitet uns das ein oder andere Mal gar in den Feierabend und darüber hinaus.

Allerdings gibt es da auch eine Art emotionales Gegengewicht, das für viele sogleich Grundmotiv darstellt, diesen Beruf überhaupt auszuüben: Neben der uns entgegengebrachten Dankbarkeit seitens der Patienten und Angehörigen, ist es die Tatsache, einen Menschen in einer sehr schweren Situation tatsächlich weitergeholfen zu haben. Die kleinen und großen Erfolgserlebnisse, die neben den kleinen und großen Katastrophen und menschlichen Tragödien bestehen und einem immer wieder im Gefühl bestätigen, das Richtige zu tun. Dazu bedarf es nicht immer starker Medikamente, schon ein geduldig geführtes Gespräch kann zur Folge haben, dass sich die Stimmung eines Patienten oder seiner Angehörigen grundlegend verbessert und ihm über den Tag hilft. Es kann zur Folge haben, dass Symptome wie Übelkeit, Luftnot oder Schmerzen als weniger belastend wahrgenommen werden. Oftmals haben Gespräche oder auch andere Maßnahmen der Zuwendung wie zum Beispiel Einreibungen oder Massagen einen stärkeren Effekt als Medikamente. Wir kennen dieses Phänomen und sehen es als festen Bestandteil unserer Arbeit an.

Allerdings sind dafür bestimmter Rahmenbedingen notwendig und diese machen einen großen Unterschied zu den ‘Normalstationen‘ aus. Eine Voraussetzung ist die verfügbare Zeit. Palliativstationen haben einen Personalschlüssel, der es uns erlaubt, Zeit für die Patientenversorgung einzuplanen, die auf anderen Stationen undenkbar wäre. Auch stehen Pflegekräfte der Palliativstation ständig in Kommunikation mit Ärzten sowie Mitarbeitern anderer Berufsgruppen. Dies trägt dazu bei, einen ganzheitlichen Betreuungsansatz sicher zu stellen und ist in solcher Form auf nur wenigen Stationen möglich. Aber noch etwas macht palliative Pflege aus: die persönliche Bereitschaft.

Ich arbeite seit 13 Jahren in dieser Fachrichtung und habe viele Einrichtungen und Mitarbeiter der palliativen Versorgung kennengelernt. Palliativ-Pflegekräfte sind in der Regel Idealisten, die für ihre Fachrichtung brennen und nie nur einfach ‘ihren Job‘ machen. Es bedarf, neben der Fachkenntnis, ein gewisses Maß an persönlicher Bereitschaft, sich für z.B. Angehörigenberatungen oder nicht-medikamentöse Therapieformen Zeit zu nehmen, unangenehme Wahrheiten zu thematisieren oder auch einen sterbenden Menschen zu begleiten.

Wer aber glaubt, dass der pflegerische Alltag auf einer solchen Station von Schwermut und Traurigkeit geprägt ist, irrt. Zwar gibt es immer wieder Situationen, die alle Behandler an die Belastungsgrenze bringen, aber der Humor kommt selten zu kurz. Auch schwer kranke Menschen können und dürfen scherzen, lachen oder herumalbern. Und sie tun es auch. Aus medizinischer Sicht ist das Spektrum an Erkrankungen bei uns enorm groß. Wir betreuen Patienten aus nahezu allen Fachrichtungen und Altersklassen, Konfessionen und Mentalitäten. Das macht die Arbeit sehr abwechslungsreich und immer wieder bunt.

Alles in allem eine Arbeit, die uns täglich fordert, uns aber auch mit dem Gefühl nach Hause gehen lässt, einen wichtigen Beitrag im Gesundheitssystem geleistet zu haben.

Jan Schwemmer

 

Krankenpflege ist keine Ferienarbeit. Sie ist eine Kunst und fordert, wenn sie Kunst werden soll, eine ebenso große Hingabe, eine ebenso große Vorbereitung, wie das Werk eines Malers oder Bildhauers. Denn was bedeutet die Arbeit an toter Leinwand oder kaltem Marmor im Vergleich zu der am lebendigen Körper?

Florence Nightingale