Hallo liebe Leser,

mein Name ist Lisa Simmer. Ich arbeite als Krankenschwester und Aromatherapeutin auf der Palliativstation der Uniklinik Frankfurt. Schnell deutete sich im Team Interesse an der Verwendung ätherischer Öle an, was sich anfangs jedoch eher unspezifisch und wenig zielgerichtet gestaltete. Nach längerem ‚ Ausprobieren ‘ haben wir nun insgesamt 8 Aromaölmischungen festgelegt, welche von einer externen Apotheke angefertigt werden, die die unterschiedlichsten Wirkweisen haben. Entsprechend der wiederkehrend auftretenden Beschwerdebilder reichen die Wirkungen der Mischungen von u.a. lymphabflussanregend, durchblutungsfördernd, belebend oder beruhigend, sekretlösend bis schmerzlindernd. Die Art der Anwendung gestaltet sich individuell und bedarfsgerecht, ob als Wickel, Einreibung, Massage, Raumbeduftung oder Fußbad entscheiden Pflegekraft und Patient gemeinsam.

Bei Unkundigen stellt sich oft die Frage, was Aromapflege eigentlich ist und was man damit bezwecken will oder kann. Das Wirkspektrum ätherischer Öle ist breit gefächert und kann gezielt zur Unterstützung Symptomkontrollierter Therapien zum Einsatz kommen. Ebenso bedeutend, wie ich finde, sind jedoch die zusätzlichen Möglichkeiten, die die Aromapflege Pflegenden bietet, einem Patienten und seinen Angehörigen in dieser schwierigen und herausfordernden Lebensphase zu begegnen. Dem Patienten kann auf unterschiedlichste, individuelle Art und Weise ein Beistehen und Dasein ausgedrückt werden. Die Aromapflege bietet dem Pflegenden die Möglichkeit, dem Patienten auf einer anderen Ebene mit Respekt und Akzeptanz zu begegnen, denn freundliche Worte sind das eine, die Art einer Berührung, und die Bereitschaft sich Zeit für den Betroffenen zu nehmen, kann hingegen mehr ausdrücken, als das Gesprochene.

Häufig machen meine Kollegen und Ich die Erfahrung, dass Angehörige den Patienten gerne begleiten wollen, oft jedoch nicht wissen, wie sie sich sinnvoll und angemessen in den Prozess einbringen können. Die Anleitung von Angehörigen zur Anwendung der Aromapflege gehört ebenfalls zu einem wichtigen Bestandteil unserer Arbeit. Oft profitieren Angehörige und Patienten gleichermaßen von dem aktiven Einbezug. Einfache, klar definierte Aufgaben können Halt und Sicherheit geben, was einerseits den Angehörigen in seiner Rolle unterstützt, andererseits Raum für Nähe bietet, was im klinischen Alltag allzu oft in den Hintergrund rückt und im äußersten Falle auch eine Entfremdung verursachen kann.

Gelegentlich fällt es schwer, den Unterschied zwischen palliativer Pflege, und der Pflege auf anderen Stationen zu definieren und klar zu benennen. Die Aromapflege ist ein Bestandteil vieler wichtiger Kleinigkeiten, die einen Unterschied ausmachen. Palliativ Pflegen bedeutet nicht, einem Patienten im Eilverfahren den Rücken mit einer sekretlösenden Ölmischung einzureiben. Viel mehr bedeutet es, sich aktiv dem Einzelnen anzunehmen und einen Blick und ein Ohr für vermeidliche nebensächliche Sorgen und Probleme zu haben. Denn häufig sind es gerade diese Dinge, die Unruhe, Angst oder Schmerzen verursachen bzw. begünstigen. Unser Auftrag ist es, auch einen Blick hinter die Fassade zu werfen und den Patienten in seiner Gesamtheit zu betrachten. Die Aromapflege ist eines von vielen Werkzeugen, von denen wir Pflegenden Gebrauch machen und womit sich so manche verschlossene Tür öffnen lässt.

 

Düfte sind wie die Seele der Blumen, man kann sie fühlen, selbst im Reich der Schatten.

Joseph Joubert