„Das war so eine schöne Abwechslung“…<3
…sagte Fr. B. heute und ihr Lächeln bestätigte jedes einzelne Wort von ihr.
Aber von Vorne:
Seit 4 Wochen haben wir einen neuen Auftraggeber:
Die Palliativ-Station des Sana Klinikum Offenbach, die wir seitdem jeden Mittwoch morgen betreuen, um die dort stationär aufgenommen Patienten abzulenken, ihnen Trost, Hoffnung und vor allem Freude zu schenken.
Und heute morgen war es wieder soweit.
Schon beim Ankommen auf der Station erfuhr ich in der Übergabe, dass gestern eine junge Frau aufgenommen wurde und einen unglaublich traurigen Tag hier auf Station verbrachte.
„Sie hat gestern soviel geweint, dass ich das Aufnahmegespräch kaum durchführen konnte“ sagte mir die sympathische Palli-Ärztin.
„Ich frage sie mal, ob sie Hunde mag“ sagte sie weiter, während sie auf das Zimmer der jungen Dame zuging, um anzuklopfen.
Nach einem deutlichen „Ja“ betrat sie dieses.
Keine 2 Minuten kam sie kopfschüttelnd wieder heraus und ich sah, wie gerne sie mir eine andere Antwort gegeben hätte.
„Sie hat Angst vor Hunden“ sagte sie im Anschluß und ich wollte gerade ins Schwesternzimmer, um mich mit den anwesenden lieben Kolleginnen zu besprechen, da öffnete sich auf einmal die Türe von Fr. B. und eine junge Dame stand im Türrahmen und fragte“ wie die Hunde denn aussehen“ würden.
„Es sind zwei Labradorhündinnen – Emma & Sissi und sind leider gerade im Arztzimmer“ sagte ich zu ihr und mußte ihr versprechen, dass ich Bescheid gebe, wenn die beiden wieder auf ihrer Decke liegen würden.
(Emma & Sissi beginnen ihren Dienst nämlich immer erst dann, wenn sie von der leitenden Palli-Ärztin Christiane Gog ihr Leckerli bekommen und ausreichend gekuschelt worden sind)♥
5 Minuten später brachte die Ärztin die Hunde wieder, doch Fr. B. hatte gerade Besuch bekommen und so entschloss ich mich, erst jemand anders zu besuchen und später anzuklopfen.
Doch das brauchte ich gar nicht, denn Fr. B. stand auf einmal mit ihrem Vater im Flur und schaute auf die Hunde, während sie mir erzählte, „dass sie als Kind von einem Schäferhund und leider auch noch von hinten angesprungen worden ist“ und ihr Vater nickte, während wir um die Hunde herum standen.
„Darf ich sie mal streicheln“ fragte Fr. B. auf einmal und „das die beiden so eine Ruhe ausstrahlen würden“.
„Sehr gerne“ sagte ich und konnte es kaum glauben.
Fr. B. kniete sich zu den beiden herunter und streichelte Emma & Sissi und ihre anfängliche Angst vor den beiden schien wie verflogen zu sein, als ob es sie nie gegeben hätte.(Y)
„Die sind aber lieb“ sagte sie mit einem Lächeln im Gesicht und wollte nach 3 Minuten wieder aufstehen und es war nicht zu übersehen, wie schwer sie sich mit dieser Bewegung tat.
„Möchten sie sich auf diesen Stuhl setzten und die Hunde kommen dann zu ihnen“ fragte ich sie und sie nickte lächelnd.
Und während ich die Möhrchen holte, setzte sich Fr. B. in den bequemen Sessel und hatte nur noch Augen für Emma & Sissi. 🙂
„Das ist ja unglaublich“ sagte die Palli-Ärztin, die immer noch den gestrigen Tag vor Augen hatte und sich so sehr für Fr. B. freute, als sie Fr. B. so strahlend mit den Hunden in der Sitzecke sah.
„Das ist der „Emma-Effekt“ sagte ich zu ihr und sie nickte.
„Wenn das meine Kinder sehen würden, sie würden es nicht glauben“ sagte Fr. B. und ich fragte sie, „ob ich ein Foto machen sollte“ und brauchte keine Antwort, denn Fr. B. strahlte einfach nur.<3
Wir machten ein Foto, welches ich ihr danach einlaminiert habe, damit sie es ihren Kindern geben konnte.<3
Hr. Z. – ein weiterer Patient, den wir schon von letzte Woche kennen, kam mit seiner lieben Ehefrau in den Flur, weil er „unbedingt den Hunden guten Tag sagen wollte“ und so saßen wir zu viert in der Sitzecke und alle sprachen über die eigenen Erlebnisse mit Hunden und wie aus dem Nichts änderte sich auf einmal die komplette Atmosphäre der Palli-Station.<3 (Y)
Es wurde gelacht und was noch viel wichtiger ist: Es wurde über Themen gesprochen, die nichts mit Trauer oder Sorgen zu tun hat und genau das ist unsere Mission:
Ablenken in einer Zeit, die ansonsten so sehr von Ängsten geprägt ist.
„Das war so eine schöne Abwechslung“ sagte Fr. B., als wir uns heute morgen verabschiedeten und ihr Blick, ihre Mimik und ihre Körperhaltung hatten sich in den letzten 60 Minuten so sehr geändert, dass ich eine Gänsehaut bekam.
„Kommt ihr nächste Woche wieder“ fragte sie mich zum Abschluss und ich nickte.
„Da freue ich mich jetzt schon drauf“ sagte sie, ging in Richtung ihres Zimmers und auch jetzt konnte ich ihr Lächeln in ihrem Gesicht immer noch sehen….

Ivana Seger