Der Begriff leitet sich eigentlich aus dem Lateinischen „pallium – Mantel“ oder „palliare – den Mantel um etwas legen“ ab. Im medizinischen Alltag bedeutet die Einschätzung palliativ meistens, dass hier eine Heilung der Grunderkrankung nicht mehr möglich ist. Also wird dieser Mensch wahrscheinlich irgendwann an dieser Erkrankung versterben.

Die meisten Patienten, die durch die Palliativmedizin betreut werden, leiden an einer Krebserkrankung. Aber auch jede andere nicht-heilbare Krankheit kann palliativmedizinisch begleitet werden. Dazu gehören zum Beispiel Multiple Sklerose, Patienten mit schweren Herz-oder Lungenerkrankungen oder auch Menschen mit Demenz.

Natürlich gibt es immer auch eine offizielle Definition, aber die finde ich in der Regel nicht sehr hilfreich, da hier möglichst viel Information in wenig Text gepresst wird. Meistens ist man hinterher auch nicht schlauer. Falls sich doch jemand dafür interessiert, hier eine gut gemachte Definition: Was_ist_Palliativmedizin?

Was unterscheidet eigentlich die Palliativmedizin von der klassischen Medizin? Gibt es überhaupt einen Unterschied oder ist hier einfach nur ein anderes Etikett aufgeklebt, aber der gleiche Inhalt? Natürlich findet bei uns „normale Medizin“ statt. Alle Behandlungsmöglichkeiten der anderen Abteilungen können wir auch leisten, entweder selbst oder in Kooperation mit anderen Fachabteilungen. Das beinhaltet zum Beispiel alle Möglichkeiten der Diagnostik oder auch Zuweisungen in die Chirurgie zu operativen Eingriffen.

Darüber hinaus gibt es aber Therapien und Abläufe, die sich von einer Normalstation ganz klar unterscheiden. Zum Beispiel haben Angehörige hier einen hohen Stellenwert und sind ein fester Bestandteil des Behandlungskonzeptes  Falls gewünscht, können Sie sogar im Zimmer mit übernachten. Sie erhalten ebenfalls viele Gesprächsangebote und Unterstützung. Man kann einen Menschen nicht aus seinem sozialen Umfeld herausnehmen und ihn ausschließlich in seiner Rolle als Patient beurteilen. Letztendlich ist dies doch nur ein ganz kleiner Ausschnitt dieser Person. Er wird doch viel mehr von allen anderen Rollen seines Lebens geprägt: Vater, Mutter, Bruder, Schwester, Sohn, Tochter, Ehemann, Ehefrau, Freund, Arbeitskollegin…

Die Palliativmedizin versucht alle Qualitäten der menschlichen Existenz abzudecken. Die Medizin ist ja leider sehr „körperorientiert“. Dabei gibt es viele andere Ebenen, auf denen man Leid oder Schmerz erleben kann: seelisch, sozial, spirituell. In einem meiner nächsten Beiträge werde ich etwas genauer über das Total Pain Konzept von Cicely Saunders schreiben.

Für heute habe ich zu den anderen Abläufen aber mal ein praktisches Beispiel. Nämlich das berühmte Frankfurter Frühstück!

Jetzt sagen Sie bitte nicht, dass Sie das nicht kennen! Na, dann will ich mal allen weiterhelfen, zuerst mit einem Foto:
FrankfurterFRühstück

Keine Angst, das ist nicht unser Standardfrühstück!!! Ist aber möglich für Hardcore-Frankfurter. Das war der Wunsch einer Patientin, die ein echtes Frankfurter Pflänzchen ist, keine Eingeplackte (Echt Hessisch für Zugereiste). Sie hat hier alles sehr gelobt, aber das es hier keinen Handkäse und Äppler gibt, sei doch schwach. Also haben wir spontan Handkäse mit Musik und Ebbelwoi (Apfelwein oder Äppler) besorgt. Sollten sie sich vielleicht schon immer gefragt haben, wo denn da die Musik ist, kann ich weiterhelfen. Die Musik kommt später… quasi aus demjenigen heraus, der den Handkäse mit den Zwiebeln verspeist hat. Der medizinische Fachbegriff hierfür lautet Flatulenz (Blähungen).  🙂

Auch andere Vorlieben dürfen hier durchaus ausgelebt werden. Alkohol und Rauchen sind hier nicht verboten (solange es im Rahmen bleibt…). Vor allem machen Vorwürfe und Einschränkungen keinen Sinn mehr. Auch wenn die Erkrankung durch Nikotin oder Alkohol verursacht wurde, geht es nicht darum dies zu bewerten, sondern dem Patienten zur maximal möglichen Lebensqualität zu verhelfen. Sollte dazu die Zigarette oder ein Bier gehören, dann bitteschön!

Bierstube
So, das ist genügend Lesestoff für diesen Eintrag. Hoffentlich nächste Woche mehr!

Master of Desaster

 

 

Was bringt den Doktor um sein Brot?

A) die Gesundheit, B) der Tod.

Drum hält der Arzt, auf dass er lebe,

uns zwischen beiden in der Schwebe.

Eugen Roth