Wir haben einen älteren Patienten über einen längeren Zeitraum mit dem ambulanten Team im häuslichen Umfeld versorgt. Zum Schluss wurde er immer schwächer und auch immer verzweifelter, da er nicht sterben konnte. Auf die Frage, ob es noch irgendetwas gäbe, dass ihn hier hält, gab es eigentlich keine echte Antwort. Er hatte ein gutes Verhältnis mit seinen Familienangehörigen, es gab keine Familiengeheimnisse oder Verwandte, mit denen der Kontakt abgebrochen worden war. Er war sich seiner Situation mehr als bewusst, es war alles geklärt und die Familie hat ihn liebevoll zuhause begleitet. Bei jedem Hausbesuch hat er uns die Frage gestellt, warum er immer noch nicht gestorben sei? Auf manche Fragen gibt es einfach keine Antworten…

Dann kam der Hausbesuch nach dem schweren Erdbeben in der Türkei. Fast fröhlich wurde ich empfangen mit den Worten: „Ich weiß jetzt, was das Problem ist. Ich hatte heute Nacht einen interessanten Traum! Ich habe geträumt, dass ich mit meinem Auto auf einem Parkplatz gestanden bin, ganz am Ende einer endlosen Schlange. Und vorne, ganz entfernt, konnte ich die Himmelspforte sehen. Da war mir plötzlich alles klar! Gott ist überlastet, er muss erstmal all die Erdbebenopfer aufnehmen – dann bin ich dran!“

Irgendwie war uns allen klar – genauso ist es! 😉 An diesem Tag haben wir den Patienten in ziemlich gelöster Stimmung verlassen und 4 Tage später hat er es dann endlich ganz nach vorne geschafft. Auch wenn die Familie natürlich sehr traurig war, wird sie diese wundervolle Geschichte immer begleiten und trösten.

Und da ist er wieder – der neue Titel: Master of Parkplatzdesaster!

 

Das Warten ist die grausamste Vermengung von Hoffnung und Verzweiflung, durch die eine Seele gefoltert werden kann.

Sully Prudhome